Hildegard Goss-Mayr

Hildegard Goss-Mayr
Hildegard Goss-Mayr

geboren 1930, Katholikin, Österreicherin, lebt in Wien.

„… Ich möchte … andeuten, ohne eine Definition zu geben, was ich unter Gütekraft verstehe: Eine Kraft, die eine Dynamik bewirkt, Bewegung, Gestaltung, Veränderung; eine Kraft, die der Wahrheit, der Liebe und der Gerechtigkeit zur Überwindung von Leben mindernden, Leben zerstörenden Haltungen (Gewalt) und zum Aufbau von größerer Gerechtigkeit, Versöhntheit und Frieden für den Einzelnen und die menschliche Gemeinschaft beiträgt. Vor mir steht der Begriff „Leben in Fülle für alle’.“
(in: Elemente der Gütekraft, S. 16 )

Kurzer Überblick über ihr Leben

Studium von Sprachen, Geschichte, Theologie und Philosophie in New Haven und Wien mit Abschluss Doktorat. 1953 wurde sie Mitarbeiterin im Büro des Internationalen Versöhnungsbundes. Zusammen mit ihrem Mann Jean Goss setzte sie sich in 39 Ländern ein für Gerechtigkeit und Frieden durch Gütekraft, „um die Gewaltlosigkeit Jesu in den Kirchen und in der Weltsituation als befreiende, revolutionäre, friedenstiftende Kraft voranzubringen“ mit besonderen Erfolgen beim Zweiten Vatikanischen Konzil, in Lateinamerika (sie wurde dort auch inhaftiert und psychischer Folter ausgesetzt), auf den Philippinen gegen die Marcos-Diktatur; bei der Ablösung des Ratsiraka-Regimes auf Madagaskar u.v.a.m.

Ehrungen

  • Ehrenring der Republik Österreich
  • 1976: Friedenspreis XIRINACS (von Pax Christi Spanien)
  • 1979: Preis der Menschenrechte Dr. Bruno Kreisky (Wien)
  • 1986: Preis »Papst Paul VI. – Erzieher zum Frieden« (von Pax Christi USA)
  • 1991: NIWANO Peace Prize (Niwano Peace Foundation, Buddhistische Laienbewegung in Tokio
  • 2003: Hildegard Goss-Mayr-Preis für Aktive Gewaltfreiheit (International Fellowship of Reconciliation, Internationaler Versöhnungsbund)
  • 2007: Versöhnungspreis der Klaus Jensen Stiftung (Trier)
  • 2009: Pacem in Terris 2009 Peace And Freedom Award, St. Ambrose University in Davenport, Iowa, USA
  • Viermal für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen.
  • Ehrenpräsidentin des Internationalen Versöhnungsbundes und dessen Österreichischen Zweiges.

Lesetipps

Goss-Mayr, Hildegard (2008):
Wie Feinde Freunde werden. Mein Leben mit Jean Goss für Gewaltlosigkeit, Gerechtigkeit und Versöhnung. Münster: Lit-Verlag

Goss-Mayr, Hildegard (2002):
Elemente der Gütekraft. An Hand von Beispielen erklärt In: gewaltfreie aktion, 34. Jg., H. 131, S. 16-25 (vergriffen, online)

Goss-Mayr, Hildegard:
Handbibliothek Christlicher Friedenstheologie, Digitale Bibliothek (directmedia publishing) Sonderband
(darin sind alle – bis auf die oben angegebenen – Hauptwerke von Hildegard Goss-Mayr – sie sind sämtlich vergriffen – als Dateien verfügbar, dazu viele weitere klassische Texte christlicher Friedenstheologie)


Mehr über Hildegard Goss-Mayr

Hildegard Goss-Mayr und Jean Goss haben in den Jahrzehnten ihres weltweiten gütekräftigen Engagements Methoden des gütekräftigen Vorgehens mit detaillierten Vorschlägen ausgearbeitet.

Methoden-Schema der Gütekraft-Aktion

„1.) Vorbereitung
a) Analyse [hierzu wurde ein sehr hilfreiches Analyse-Dreieck entwickelt]
b) Vorbereitung der Gruppen (Erziehungsprozeß) innere (Haltung, Glauben) – äußere (Verhalten) – Praktische Vorgehensweise
2.) Methoden der Aktion
  1. Der Dialog – die Verhandlung. Fünf Stufen:
    1. Die Wahrheit des Gegners entdecken: das Gute entdecken, das im anderen ist, wenn auch noch so wenig übrig ist (vielleicht hat er das Gute und die Wahrheit, die er in sich trägt, so verraten, daß man beides nicht mehr sieht).
      „Ich muß also dieses Fleckchen Gott im anderen entdecken. Indem ich das entdecke, finde ich nämlich den Steg zum Dialog“
    2. Es gilt, zu sehen, wie wir die Wahrheit des anderen verkannt haben, wie wir ihr untreu wurden oder, manchmal, wie wir sie voll gelebt haben. Und ihm das wiederum sagen.
    3. Unsere eigene Verantwortung in diesem Konflikt entdecken, anerkennen, und sollte es auch nur unsere Passivität oder unser mitschuldiges Schweigen sein.
      „das Eingeständnis unserer eigenen Schwäche und Verantwortung [ist] ein sehr wirksamer »Angriff« auf das Gewissen des Gegners, eine Herausforderung, die ihn dazu einlädt, seine eigene Verantwortung am Unrecht zu erkennen.“
    4. Die Ungerechtigkeit darstellen: dem anderen das Übel sagen, das er tut, den Grund nennen, weshalb wir diesen Dialog führen.
      „weder anklagen noch verdammen… Vielmehr stellen wir das Unrecht selbst objektiv dar, in aller Ruhe, indem wir seine zerstörerischen Wirkungen denunzieren, die Leiden verursachen, und nicht die betreffende Person oder Gruppe“
    5. Konkrete Vorschläge einbringen, realistisch: Wir müssen den Weg zum angestrebten großen Ziel in Etappen gehen.
  2. Die direkte Aktion (wenn Dialog gescheitert ist; um die Passiven zu gewinnen und um moralischen und politischen Druck auszuüben)
    • Innere Vorbereitung der Teilnehmer auf die Aktion
    • Bewahrung des gewaltfreien Charakters der direkten Aktion
    • Planung und Disziplin
    • Auswertung
  3. Fasten und Gebet
    • Läuterungsfasten
    • Das politische Fasten
    • Das Fasten der Erpressung (mit gewaltloser Haltung nicht vereinbar)
  4. Nicht-Zusammenarbeit und ziviler Ungehorsam kollektiver organisierter Ungehorsam gegen ungerechte Gesetzen oder Befehle
  5. Das alternative und konstruktive Programm in unserem eigenen Leben, in der Gesellschaft“

aus: Goss-Mayr: Methoden der gewaltfreien Aktion, S. 4. Digitale Bibliothek Sonderband: Handbibliothek Christlicher Friedenstheologie, u.a. S. 1231 (vgl. 09-Goss-Mayr: Evangelium und Ringen um den Frieden, u.a. S. 67)]

Weitere Lesetipps:

Goss-Mayr, Hildegard (1991):
Unbedingte Hochachtung vor dem menschlichen Leben. Ansprache bei der Verleihung des NIWANO-Friedenspreises In: gewaltfreie aktion, 23. Jg. (1991), H. 89/90, S. 1 – 10.